Zurück zu alter Schönheit und voran mit neuen Ideen

Die Erzgebirgsschanze in Johanngeorgenstadt hat eine Zukunft!

„Jedes erfolgreiche Projekt beginnt mit einer Vision“, sagt ein altes Sprichwort. Aber für die Umsetzung einer guten Idee braucht es manchmal einen besonderen Impuls. Es klingt paradox, doch im Fall der Erzgebirgsschanze war dieser Anstoß der Vorschlag ihres endgültigen Abrisses. Einige Mitglieder des Stadtrates der Bergstadt Johanngeorgenstadt wollten genau das unbedingt verhindern, handelt es sich bei dem Bauwerk doch um ein historisches Wahrzeichen der Stadt, der Region und des Erzgebirges. Dank ihres Engagements wurde umgehend unter Federführung der 1. Stellvertretenden Bürgermeisterin Ulrike Bosch fraktionsübergreifend der „Arbeitskreis Erzgebirgsschanze“ gegründet, der sich für den Fortbestand der Erzgebirgsschanze stark machte. So gab es schließlich im April 2021 einen richtungsweisenden Stadtratsbeschluss, der den Erhalt der Schanze festschrieb. Soviel zum „Stein des Anstoßes“.

Die Weihe der Erzgebirgsschanze am 1. Januar 1962
Die Erzgebirgsschanze im Hintergrund – Foto: Karsten Rötzschke

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Um die Arbeit für das Projekt in geordnete Bahnen zu lenken wurde am 28. Januar 2022 der gemeinnützige Verein „Förderkreis Erzgebirgsschanze Johanngeorgenstadt“ gegründet. Vorsitzende ist Frau Ulrike Bosch (übrigens die Nichte des ehemaligen Vorsitzenden des Erzgebirgsvereins e. V. Wolfgang Kraus). Dem Verein gehören inzwischen über 20 Mitglieder an, die darüber hinaus von vielen Förderern und Sponsoren unterstützt werden. Der o. g. Beschluss ist Legitimation und maßgebliche Handlungsgrundlage der Arbeit des Vereins. Das Ziel ist klar formuliert die Förderung der Sanierung der im Eigentum der Stadt Johanngeorgenstadt befindlichen Erzgebirgsschanze, um sie als Wahrzeichen unserer Stadt und Sinnbild für ihre bedeutsame Geschichte im Bereich des Wintersports den Menschen in der Region und darüber hinaus wieder zugänglich zu machen. Es geht den Vereinsmitgliedern dabei nicht darum, einer ruhmreichen Geschichte nachzutrauern, weil das den klaren Blick für die Zukunft trübt. Es geht ihnen aber darum, in Kenntnis und Respekt der Vergangenheit in der Gegenwart die Chance für eine gute Zukunft der Erzgebirgsschanze zu nutzen!

Zu ihrer Motivation befragt, erklärt Ulrike Bosch: „Ausschlaggebend für den Erhalt der Erzgebirgsschanze als Wahrzeichen dieser Stadt ist ihre unstrittige historische Bedeutung nicht nur für den Wintersport, sondern auch für den Tourismus im Erzgebirge. Daneben ist die gesamte nationale und internationale Entwicklung des Skisprungs hier in Johanngeorgenstadt Basis unseres Handelns. Immerhin wurde die Erzgebirgsschanze in direkter Nachfolge der legendären Hans-Heinz-Schanze, der ersten Großschanze Deutschlands, an gleicher Stelle errichtet. Große Namen des nordischen Skisports, wie Manfred Deckert, Sven Hannawald, Holger Freitag oder Björn Kircheisen sind eng mit ihr verbunden. Nach wochenlangen Recherchen, Telefonaten, Befragungen von Zeitzeugen etc. gibt es für das Projekt „Erzgebirgsschanze“ zur Sicherung, Sanierung und zum Erhalt für nachfolgende Generationen mehrere Möglichkeiten zur Förderung durch Land und Bund. Wir sind uns im Klaren, dass dies eine Mammutaufgabe wird, zumal fast 30 Jahre diesbezüglich Stillstand herrschte. Die Schanze soll nicht als Wettkampfstätte reaktiviert werden, da die Wiederherstellung gemäß aktueller Wettkampfstandards außerhalb unseres Vermögens liegt.“

Für dieses Vorhaben sucht der Verein laufend gleichgesinnte Befürworter und natürlich auch gerne weitere Mitstreiter. Konkret bat man schon in der Anfangsphase um prominente namentliche Unterstützung, damit die „ERZ“ als historisches, sportliches und politisches Denkmal erhalten bleibt.

Als Beispiel sei hier Björn Kircheisen, mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger in der Nordischen Kombination, genannt, der aus Johanngeorgenstadt stammt und u. a. schrieb: „Mir ist die außergewöhnliche Bedeutung des Bauwerkes für diese Stadt und die Region bewusst, habe ich doch dort selbst die ersten Schritte meiner internationalen sportlichen Karriere getan und somit eigene Fußspuren hinterlassen. Ich finde dies nicht nur eine tolle Idee; es gehört zudem eine Menge Mut und viel Engagement dazu, sich auf dieses Wagnis einzulassen. Möge die Erzgebirgsschanze noch vielen weiteren Generationen die Geschichte der Entstehung der Schanze und den Beginn des Skisprungs nahebringen zu Ehren derer, die den Skisprung in Johanngeorgenstadt maßgeblich mitgestaltet haben. Ich wünsche euch viel Erfolg und neben mir viele weitere Unterstützer, damit Visionen wie diese in dieser schwierigen Zeit wahr werden können.“

Die Erzgebirgsschanze wurde 1961 unter zwangsweiser Beteiligung politischer Häftlinge der Strafvollzugsanstalt Zwickau als für diese Zeit typisches Stahlbetonbauwerk errichtet. Im Anlaufturm wurde der alte Förderturm vom Schacht 52 des ehemaligen Uranerzbergbaus der SAG Wismut verbaut. Die Schanze ist nicht nur das Symbol für die ruhmreiche Geschichte des Skisports; sie prägt das Stadtbild Johanngeorgenstadts und ist weithin sichtbar. Sie ziert u. a. auch einen der vielen großen Schwibbögen, die man in der „Stadt des Schwibbogens“ findet.

Mit der „ERZ“ verbunden sind unzählige persönliche Lebensgeschichten und Bindungen international erfolgreicher Wintersportler und Johanngeorgenstädter Bürger. Die Restaurierung des Bauwerkes – derzeit der „schlafende Betonriese im Lehmergrund“ – dient zudem der optischen Korrektur zu einem nicht mehr befremdenden Element und damit der Ortsverschönerung.  

In Arbeit ist gegenwärtig die Erstellung eines fachlich fundierten Nutzungskonzeptes für die Erzgebirgsschanze, welches nach dem Abschluss der Sanierungsarbeiten umgesetzt werden soll. Interesse an der Schanze als Übungsobjekt haben bereits bei einem Vor-Ort-Termin Verantwortliche von Feuerwehr und Rettungsdienst bekundet. Zudem bietet sich die Schanze auch als Trainingsmöglichkeit für Spezialeinheiten der Polizei an.

Der Schanzenturm der Erzgebirgsschanze
Erzgebirgsschanze ca. 1970
Erzgebirgsschanze ca. 1980

Vorgesehen ist, dass der Schanzenturm eine Umnutzung als Aussichtsturm erfährt und darin schrittweise der Aufbau einer Ausstellung erfolgt. Der Aufgang im Inneren wird mit historischen Fotos, Dokumenten und detaillierten Erläuterungen versehen.                                                    

Vor diesem Hintergrund liegt der Fokus somit primär auf dem Erhalt eines für die Einwohner wichtigen Erinnerungsmales und auf der anschaulichen Weitergabe der Geschichte des Johanngeorgenstädter Wintersports an die nächsten Generationen im Sinne ihrer umfassenden Identitätsbildung. Dies soll u. a. als Bildungsangebot für die Grundschüler der Stadt im Rahmen des Sach- und Heimatkundeunterrichts geschehen. Gerne können dies auch die Besucher des Schullandheimes oder der Jugendherberge so wie auch alle anderen Gäste Johanngeorgenstadts nutzen.

Darüber hinaus ist im Auftrag des Vereins vor allem die Vorsitzende Ulrike Bosch seit etwa zwei Jahren ständig im Gespräch mit verschiedensten Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, um Spendengelder zu akquirieren oder Fördermöglichkeiten für die Sanierung der „ERZ“ auszuloten – und das durchaus erfolgreich: So wurde in enger Zusammenarbeit zwischen Stadt und Verein zwischenzeitlich eine umfangreiche LEADER-Förderung auf den Weg gebracht, um zunächst den Umbau des Schanzenturms realisieren zu können. Ein Fördermittelbescheid mit dem Titel „Neue Chance für die Erzgebirgsschanze in Johanngeorgenstadt“ über knapp 300.000,00 Euro wurde Mitte April genehmigt und an die Stadt als Eigentümer übergeben. Das Geld stammt aus einem Fördertopf der Europäischen Union. Und damit kann nun zunächst im ersten Bauabschnitt der Schanzenturm saniert werden. Es handelt sich um den ersten Bauabschnitt, der bis Oktober 2024 dauern soll. Nach einem weiteren Bauabschnitt soll der Turm als Aussichtsturm mit einer historischen Ausstellung zur Verfügung stehen.

Nebenbei werden natürlich auch die „üblichen Vereinsarbeiten“ erledigt. So wurden eine Internetseite und ein Flyer erstellt, um den Bekanntheitsgrad des Vereins zu erhöhen und das Interesse möglichst vieler Menschen zu wecken.

Wir wünschen uns viele gleichgesinnte Unterstützer, damit die Vision vom Erhalt der Erzgebirgsschanze als Wahrzeichen unserer Stadt auch in gegenwärtig schwieriger Zeit wahr werden kann. Wir laden auch Sie, liebe Leserinnen und Leser der „Glückauf“, ein diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen. Weitere Informationen und Aktuelles finden Sie auch auf unserer Internetseite www.erzgebirgsschanze.de.

i. A. Elke Schleichert
stellv. Vorsitzende/Öffentlichkeitsarbeit
Förderkreis Erzgebirgsschanze Johanngeorgenstadt e. V.